Diabetes
Mehr Zeit für die Behandlung und Entlastung für den Arzt
Wer an Diabetes Typ 2 leidet, profitiert von einer strukturierten Behandlung. Das ist wissenschaftlich erhärtet. Welche Vorteile eine leitlinienkonforme Behandlung innerhalb eines sogenannten Disease-Management-Programms für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte hat, erzählt Dr. med. Stefan Maydl von Medbase in Wil im Interview.
«Disease-Management-Programm» – klingt sperrig, soll aber eigentlich dabei helfen, Krankheiten einfacher zu behandeln. Konkret haben die Programme den Zweck, chronische Gesundheitsprobleme strukturiert – und damit im Endeffekt besser – anzugehen. Strukturiert heisst, dass es für die Behandlung einen klar vorgegebenen Plan gibt, der dann individuell den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten angepasst wird. Dr. med. Stefan Maydl arbeitet bei Medbase in Wil und behandelt seit 2018 Diabetes-Patientinnen und -Patienten gemäss einem solchen strukturierten Betreuungsprogramm. Für ihn liegen nicht nur die Vorteile für seine Patientinnen und Patienten auf der Hand, er sieht auch klare Pluspunkte für das Team in der Medbase-Praxis.
Es gibt mittlerweile klare wissenschaftliche Hinweise, dass ein Disease-Management-Programm (DMP) bei Diabetes Typ 2 zu einer besseren Behandlung führt. Herr Maydl, ist der Preis für diese Verbesserung, dass Ärztinnen und Ärzte mehr Zeit für die Behandlung aufwenden müssen?
Nein, tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Dank dem strukturierten Behandlungsplan ist es für die Ärztin oder den Arzt einfacher, alle elementaren Punkte der Diabeteskontrolle abzudecken. So gehen beispielsweise die Kontrolle in der Augenarztpraxis oder das Gespräch mit dem Ernährungscoach nicht vergessen, auch wenn das für die Patientin oder den Patienten gerade nicht im Vordergrund steht. Schlussendlich erleichtert das auch die Kommunikation mit den Betroffenen.
An alles denken und eventuell auch besprechen hört sich aber schon nach mehr Aufwand an.
Bei den DMP ist essenziell, dass die Patientinnen und Patienten von Anfang an in die Behandlung involviert werden. Sie erhalten damit auch selber viel Verantwortung für ihre Gesundheit. Eng eingebunden werden zudem die medizinischen Praxisassistentinnen und -assistenten (MPA) sowie Praxiskoordinatorinnen und -koordinatoren (MPK). Auch Advanced Practice Nurses (APN, spezialisierte Pflegefachpersonen) können Koordinationsaufgaben übernehmen. Die Mitwirkung der MPA, MPK oder APN ist eine wichtige Unterstützung und führt zu einer spürbaren Entlastung der Ärztinnen und Ärzte.
Den strukturierten Programmen liegt ein Qualitätsdenken zugrunde, das am Ende allen zugutekommt. Stefan Maydl, Arzt bei Medbase
Wie finden es die Patientinnen und Patienten, dass ihre Behandlung nicht mehr ausschliesslich durch Sie, also den Arzt, erfolgt?
Die Patientinnen und Patienten erzählen oft ganz spontan von der Unterstützung durch die MPA, MPK oder APN. Besonders geschätzt wird, dass sich diese genügend Zeit für alle Anliegen nehmen können. Tatsächlich wird das auch als häufigste Rückmeldung bei Patientenbefragungen gegeben. Die MPA, MPK und APN geniessen eine hohe Akzeptanz. Alles in allem merke ich, dass Patientinnen und Patienten, die strukturiert betreut werden, deutlich zufriedener sind.
Wie empfinden die teilnehmenden MPA, MPK oder APN die Programme?
Für die meisten bedeutet die Mitwirkung eine Bereicherung der eigenen Arbeit. Sie schätzen die zusätzliche Verantwortung, die sie dabei übernehmen können. Den strukturierten Programmen liegt ein Qualitätsdenken zugrunde, das am Ende allen zugutekommt.
Sind Disease-Management-Programme demnach gekommen um zu bleiben?
Die Zahl der Medbase-Praxen, die DMP anbieten, ist seit 2018 stetig gewachsen und es laufen Bestrebungen, dass sich noch mehr Standorte dafür interessieren. Ausserdem werden mittlerweile auch für andere chronische Krankheitsbilder strukturierte Programme angeboten. Den strukturierten Programmen liegt ein Qualitätsdenken zugrunde, das am Ende allen zugutekommt.
Wissenschaftlich bestätigt: Disease-Management-Programme sind erfolgreich
SWICA, Medbase und das Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG) der ZHAW haben das DMP für Diabetes Typ 2 über mehrere Jahre wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse sind durchwegs positiv und zeigen, dass die Qualität der Diabetesversorgung mit einer strukturierten Behandlung markant gesteigert werden kann und bessere Behandlungsergebnisse möglich sind. Ebenfalls wichtig: Den Erfahrungen der Leistungserbringenden zufolge sind die Patientinnen und Patienten zufriedener mit der Behandlung. Der Bericht der SWICA-Publikationsreihe «Unter der Lupe» beleuchtet das DMP für Diabetes Typ 2 und setzt die Erkenntnisse der Forschung in einen breiteren gesundheitspolitischen Kontext. Zum Bericht