Kira Broda, Spezialistin Leistungseinkauf bei SWICA, im Interview
«Es kann herausfordernd sein, sein Ego zurückzustellen»
Wie kommen eigentlich die Preise von Krankenversicherungen für Leistungen – etwa bei Krankheit, Unfall oder Mutterschaft – zustande? Kira Broda ist Spezialistin Leistungseinkauf bei SWICA und gibt im Interview Einblick in ihren Arbeitsalltag.
Frau Broda, wahrscheinlich wissen nicht viele, was eine Spezialistin Leistungseinkauf genau tut. Wie muss man sich Ihre Aufgaben bei SWICA vorstellen?
Einen Grossteil meiner Arbeit besteht darin, mit verschiedenen Leistungserbringern Verträge für ihre Leistungen zu verhandeln. Diese umfassen zum Beispiel Untersuchungen und Behandlungen durch Ärztinnen und Ärzte, im Spital sowie Pflegeleistungen. Unser Ziel ist klar: Wir wollen möglichst attraktive Leistungen und Preise für unsere Kundinnen und Kunden aushandeln. In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist man dabei relativ eingeschränkt, weil das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die darin enthaltenen Leistungen, soganannte Pflichtleistungen, vorgibt. Bei den Leistungen in der Zusatzversicherung gibt es mehr Spielraum. Ein weiterer Teil meines Arbeitsalltags ist die Projektarbeit – dort liegt der Fokus besonders im Bereich der Prävention oder Entwicklung neuer Produkte.
Wie ist Ihr Werdegang?
Ursprünglich komme ich aus der Medizin. Ich habe Humanmedizin studiert und einige Jahre als Ärztin im Spital gearbeitet. Lange war ich also genau auf der gegenüberliegenden Seite des Verhandlungstischs tätig. Das hilft mir bei den Verhandlungen sehr, weil ich die Themen und die Abläufe im Spital selber genau kenne. Zum Leistungseinkauf bin ich eher durch Zufall gestossen, weil ich mich sehr für das Gesundheitssystem und die Zusammenarbeit mit Krankenversicherern interessiert habe.
In Ihrem Job müssen Sie mit und zwischen vielen unterschiedlichen Anspruchsgruppen verhandeln. Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Sie niemandem gerecht werden?
Es kann schon sehr anspruchsvoll sein, wenn in einer Verhandlung die Vorstellungen weit auseinander liegen. Für uns im Leistungseinkauf stehen die Interessen der Versicherten im Zentrum. Ich verhandle nicht als Privatperson, sondern als Vertreterin von SWICA. Da ist das Ziel, das Beste für die Versicherten rauszuholen. Wir möchten möglichst umfassende, aber auch günstige Leistungen anbieten können. Da bei SWICA die Kundenzufriedenheit oberste Priorität hat, haben wir aber nicht den Anspruch, immer der günstigste Anbieter auf dem Markt zu sein. Das ist sicher ein Vorteil bei den Verhandlungen.
Da bei SWICA die Kundenzufriedenheit oberste Priorität hat, haben wir nicht den Anspruch, immer der günstigste Anbieter auf dem Markt zu sein. Das ist sicher ein Vorteil bei den Verhandlungen. Kira Broda, Spezialistin Leistungseinkauf bei SWICA
Wie sehen solche Verhandlungen aus?
Wenn wir beispielsweise mit einem Spital verhandeln, bietet es sich an, sich zumindest zum ersten Termin vor Ort mit unseren Verhandlungspartnerinnen und -partnern zu treffen. Das können Ärztinnen und Ärzte sein, CEO, CFO oder andere Tarifbeauftragte der Leistungserbringer. Der Ablauf ist oft ähnlich: In einem Rundgang durch das Spital lernen wir das Haus besser kennen. Im anschliessenden Gespräch tauschen sich Leistungserbringer und Leistungseinkäufer über die Mehrleistungen und Preise aus. Besonders ist, dass möglichst jede Leistung transparent ausgewiesen werden soll. Das geht zum Teil ganz schön ins Detail – von der Grösse des Balkons im Patientenzimmer bis zur Auswahl der verfügbaren Zeitungen und Zeitschriften.
Was passiert, wenn sich die Parteien nicht einigen können?
Es kann schon vorkommen, dass Forderungen und Erwartungen der Beteiligten weit auseinanderliegen. Dann ziehen sich Verhandlungen über mehrere Runden hin, manchmal monatelang. Leistungserbringer und Versicherer sind jedoch gleichsam daran interessiert und dementsprechend bemüht, eine passende Lösung für alle zu finden.
Welcher Aspekt Ihres Jobs gefällt Ihnen am besten? Und gibt es etwas, auf dass Sie verzichten könnten?
Es sind genau die Verhandlungen, die mir persönlich am besten gefallen: Der direkte Kontakt mit den Leistungserbringern, der Informationsaustausch und die klaren Ziele oder Vorstellungen, mit denen man in die Verhandlungen geht. Und natürlich muss man sich am Schluss mit seinem Verhandlungspartner auch finden. Andere Aufgaben des Berufs können manchmal etwas trocken sein, wie zum Beispiel das Monitoring und Controlling der ausgehandelten Verträge – obwohl es schon spannend ist, im Nachhinein zu sehen, was man mit seiner Arbeit geleistet hat. Trotzdem bevorzuge ich die operative vor der administrativen Arbeit.
Was ist die grösste Herausforderung in Ihrem Job?
In einer Verhandlung kann es teilweise herausfordernd sein, sein Ego zurückzustellen. Wenn man in das Gespräch geht, ist man überzeugt von seinem Angebot und möchte, dass es angenommen wird. Trotzdem muss man sich immer wieder mit Kompromisslösungen zufriedengeben. Ein Angebot kann nicht einfach ausgeschlagen werden, nur weil es nicht der eigenen Erwartung entspricht. Am Ende geht es ja nicht um mich selbst, sondern um die Versicherten und das, was wir ihnen als SWICA anbieten können.