Integrierte Versorgung
Unnötige Netzwerke zur koordinierten Versorgung
Um die integrierte Versorgung zu stärken, schlägt der Bundesrat im Rahmen des zweiten Kostendämpfungspakets vor, Netzwerke zur koordinierten Versorgung als neue Leistungserbringer ins Krankenversicherungsgesetz (KVG) aufzunehmen. SWICA begrüsst die Stossrichtung, die integrierte Versorgung zu fördern. Aber: Es braucht keine neuen Leistungserbringer. Bundesrat und Parlament sollten keine unnötigen zusätzlichen Vorschriften schaffen, sondern die Akteure dabei unterstützen, den bestehenden Handlungsspielraum zu nutzen und auf dem begonnenen freiwilligen Weg weiterzugehen.
Im September 2022 schlug der Bundesrat dem Parlament vor, Netzwerke zur koordinierten Versorgung einzuführen (zum Geschäft). Mit dieser Massnahme soll die integrierte Versorgung gestärkt werden. Diese Netzwerke sollen dem Vertragszwang unterstehen und müssen ihren Tätigkeitsbereich definieren, wobei sie nur ambulante Leistungen erbringen dürfen. Der Bundesrat sieht zudem vor, dass Netzwerke zur koordinierten Versorgung – wie die Spitäler – über einen Leistungsauftrag der Kantone verfügen müssen. Koordinationsleistungen der Netzwerke, die bei der Betreuung von Patientinnen und Patienten mit komplexen Erkrankungen entstehen können, sollen über spezielle Verträge den Krankenversicherungen neu in Rechnung gestellt werden können.
SWICA betrachtet dieses Ansinnen mit Sorge, weil ein Bereich des Gesundheitssystems gesetzlich geregelt werden soll, der sich bisher ohne staatliches Zutun entwickelt. Diese Sorge wird von vielen Akteuren geteilt. Deshalb beauftragte die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK-N) das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im November 2022, an einem runden Tisch mit den Akteuren eine zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten. Seither haben auch effektiv drei runde Tisch stattgefunden. Leider zeichnet sich jedoch ab, dass das BAG mit wenigen Anpassungen an seiner ursprünglichen Idee festhalten will. Das Thema wird aktuell (zwischen dem 26. und dem 29. April 2023) nochmals in der SGK-N diskutiert.
Integrierte Versorgung stärken, aber richtig
Ziel der integrierten Versorgung ist es heute, im Rahmen von strukturierten und evidenzbasierten Versorgungskonzepten Fehlversorgungen, Schwachstellen und Widersprüche in der Versorgung von Patientinnen und Patienten zu identifizieren und zu verbessern. Dabei sind Motivation und Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten zentrale Erfolgsfaktoren. Netzwerke, wie sie der Bundesrat will, gehen zurück auf Konzepte aus den 1990er-Jahren und entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen an die integrierte Versorgung. Eine Erklärung, wie solche Netzwerke zu einer besseren Versorgung im Sinne der integrierten Versorgung beitragen sollen, blieb der Bundesrat bisher schuldig. Ausserdem zeichnen sich weitere Kosten für die soziale Krankenversicherung ab, wenn zusätzlich zu den bisherigen Leistungen auch Koordinationsleistungen abgerechnet werden.
SWICA plädiert dafür, Patientinnen und Patienten partnerschaftlich bei der Behandlung ihrer Erkrankungen einzubeziehen – sie sollen eine aktive Rolle einnehmen. Die Zusammenarbeit aller Leistungserbringenden soll im Rahmen von Versorgungskonzepten gefördert werden, um Ressourcen und Kompetenzen bestmöglich einzusetzen und Synergien zu nutzen. Parallel dazu sind neue Finanzierungsmodelle zu prüfen, die eine angemessene Vergütung der Leistungserbringenden ermöglichen. Integrierte Versorgung kann nur so zu einem zentralen Baustein im Kampf gegen die ständig steigenden Gesundheitskosten werden. Aus diesen Gründen vertritt SWICA unverändert und dezidiert die Meinung, dass die Artikel zu den Netzwerken aus dem zweiten Kostendämpfungspaket gestrichen werden sollen.
Weitere Informationen zur Vorlage «KVG-Änderung: Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 2» finden sich auf der Website des BAG. Auf ihrer Versorgungsforschungsseite beschäftigt sich SWICA vertieft mit der Thematik der integrierten Versorgung.
28.04.2023