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Psychotherapieforschung: Mit LSD auf die Couch

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Psychotherapieforschung vermehrt mit LSD, Magic Mushrooms und Co. beschäftigt. Tatsächlich zeigen Studien eine vielversprechende Wirksamkeit bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Alkoholismus. Künftig könnten solche Psychedelika in Therapien vermehrt zum Einsatz kommen.

Eine Tablette schlucken und sich weit weg und zugleich tief in sich selbst hineinbegeben. Erinnerungen und surrealistische Muster wechseln sich ab, die Wahrnehmung für die innere Welt erweitert sich. Manche Patientinnen und Patienten sprechen mit (inneren) Wesen, andere erhalten tiefe Einsichten und Antworten auf fundamentale Fragen.
Klingt abgehoben? Im Rahmen einer Psychedelika-gestützten Psychotherapie könnten solche bewusstseinserweiternden Erfahrungen künftig neue Möglichkeiten in der Behandlung bieten.

Albert Hofmann war seit 1943, als er zufällig LSD entdeckte, vom Potenzial der psychedelischen Substanzen überzeugt. In den 1960er-Jahren wurden solche Psychedelika von Hippies allerdings zunehmend missbraucht. Trotz vielversprechender Forschungsergebnisse bei psychischen Erkrankungen wurden sie schliesslich ganz verboten. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Forschung wieder vermehrt mit ihnen auseinandergesetzt.

Vielversprechende Wirkung

«Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Psychedelika-gestützte Therapien bei bestimmten psychischen Erkrankungen vielversprechende Wirksamkeit zeigen», so Dr. med. Niklaus Denier von den Universitären Psychiatrischen Diensten (UPD) der Universität Bern.

Zusammen mit Prof. Dr. med. Tobias Bracht und Prof. Dr. phil. Leila Soravia forscht er zu diesem Thema, das in verschiedenen medizinischen Gebieten Anwendung finden könnte.

Chance bei Depressionen

Psilocybin, die Substanz in psychedelischen Pilzen, kann etwa bei Depressionen, bei denen eine medikamentöse Therapie nicht anschlägt, wirksam sein. «Psilocybin ermöglicht bei über der Hälfte der Patientinnen und Patienten ein mittel- bis längerfristiges Nachlassen der Krankheitssymptome wie Abgestumpftheit oder das Gefühl von Wertlosigkeit», so der Psychiater. «Diese Effekte setzen bereits nach ein bis zwei Dosierungen ein.

Bei depressiven Menschen sei oft das sogenannte Ruhestandsnetzwerk im Gehirn hyperaktiv, erklärt Denier. Dies führe dazu, dass Betroffene vermehrt negative Gedanken haben und sich sorgen. «Unter dem Einfluss von Psilocybin kann sich dieses Netzwerk umstrukturieren.»

Gemäss Denier hören Betroffene dann auf, in selbstkritischen Gedanken zu denken und sie könnten urteilsfrei beobachten: «Sie können dann beispielsweise mitten in ihren Schmerz schauen, ohne dass sie davon überwältigt werden. Das ist in einer Psychotherapie häufig nicht möglich.» So können Psychedelika psychologische Heilprozesse anstossen, welche in der Psychotherapie weiter vertieft bearbeitet werden können.

Trocken mit Magic Mushrooms

Auch bei Suchterkrankungen erzielten Psychedelika bisher vielversprechende Ergebnisse – insbesondere bei Verläufen, in denen eine konventionelle Therapie nicht anschlägt. «In der bisher grössten Studie zum Thema zeigt sich, dass Psilocybin schwere Trinkepisoden bei Alkoholikern reduzieren konnte», so der Psychiater. «Fast die Hälfte der Teilnehmenden konnte während der Studiendauer trocken werden.» Die Wirkung erklären sich die Forschenden auch hier mit einer Umstrukturierung im Gehirn.

Dauerhafte Wirkung?

Die Forschungsergebnisse klingen vielversprechend, doch hält die Wirkung einer solchen Therapie auch an? «Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass die therapeutischen Effekte Psychedelika-gestützter Therapien in gewissen Fällen mittel- und langfristig anhalten können», so der Psychiater. Allerdings hänge das stark von der Art der psychischen Erkrankung, der Therapieumgebung und der Qualität der Nachsorge ab.

Nicht für alle geeignet

Psychedelika-Therapien sind aber nicht für alle eine gute Option. Menschen mit einer bipolaren Störung in überzogener Hochstimmung riskieren, sich durch psychedelische Substanzen noch mehr zu überschätzen. «Dies kann sehr gefährlich werden», hält Denier fest. «Bei Psychosen oder Schizophrenie-Spektrumsstörungen kann sich die Symptomatik ebenfalls verschlimmern und sich gar ein paranoider Wahn entwickeln.» Auch bei Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung oder akuten Suizidgedanken wird von einer Anwendung abgeraten.

Schweiz international führend in Psychedelika-Forschung

In der Psychedelika-Forschung nimmt die Schweiz eine international führende Rolle ein. Universitätskliniken wie Basel, Bern, Zürich oder Genf führen aktuell Forschungsprojekte durch und entwickeln Behandlungsabläufe mit psychedelischen Substanzen.

Bis Psychedelika-gestützte Psychotherapien allerdings offiziell zugelassen und angeboten werden können, sind noch viele offene Fragen zu klären. Dabei geht es auch um die Zulassung von Psychedelika: Diese unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz und sind in der Schweiz verboten.

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