Gesundheitspolitik in Bern
Sommersession: Die Komplexität im Gesundheitswesen nimmt weiter zu

Beide Parlamentskammern haben sich in der Sommersession über verschiedene gesundheitspolitische Dossiers gebeugt und über unterschiedlichste Fragestellungen entschieden. Trotz Aufrufen, in der Gesundheitspolitik einen Marschhalt einzulegen, führen die jüngsten Entscheide zu noch mehr Komplexität.

Anpassungen beim Risikoausgleich

Mit einer Revision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) will der Bundesrat die Solidarität in der Krankenversicherung stärken. Diese Revision wurde am letzten Freitag vom Parlament in der Schlussabstimmung verabschiedet. Neu werden in Zukunft auch Menschen in den Risikoausgleich einbezogen, die im Ausland wohnen. Dies betrifft vor allem Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus Deutschland oder Frankreich, die in der Schweiz versichert sind und Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in Anspruch nehmen.


SWICA erwartet Auswirkungen auf die Prämien der Versicherten, die im Ausland wohnhaft sind. Konkrete Aussagen sind aber erst möglich, wenn klar ist, wie die Vollzugsbestimmungen ausfallen und per wann die Revision in Kraft gesetzt wird.

Mit neuen Massnahmen gegen die steigenden Gesundheitskosten

Am letzten Donnerstag beugte sich der Ständerat über das zweite Kostendämpfungspaket. Er entschied, mittels verstärkter Koordination, vertraulichen Preismodellen sowie mit günstigeren Medikamenten gegen die steigenden Gesundheitskosten vorzugehen. Grundsätzlich war sich der Rat einig, dass es unumgänglich sei, das starke Prämienwachstum mit gezielten Massnahmen im Gesundheitswesen zu bekämpfen. Trotzdem hoben verschiedene Ständeräte den Warnfinger und machten auf die Flut von Revisionen im Krankenversicherungsbereich aufmerksam: Sie mache es immer schwerer, Wechselwirkungen zu erkennen und wo nötig zu vermeiden sowie die Wirkung der beschlossenen Massnahmen zu evaluieren. Der Luzerner Ständerat Damian Müller (FDP) forderte deshalb einen Marschhalt und eine Gesamtbetrachtung mit allen Akteuren.

Am Ende sprach sich eine Mehrheit des Ständerats für folgende Neuerungen aus:

  • Der Bund soll für Medikamente mit grossem Marktvolumen Mengenrabatte festsetzen können.
  • Für hochpreisige Medikamente sollen vertrauliche Preismodelle vereinbart werden können.
  • Netzwerke zur koordinierten Versorgung sollen im Gesetz aufgenommen werden. Sie sind in einem zweistufigen Verfahren zuzulassen. Um sie für Versicherte attraktiv zu gestalten, soll der Selbstbehalt bei den Leistungen reduziert werden können. Der Nationalrat hatte diese Netzwerke noch deutlich abgelehnt.


SWICA setzt sich seit vielen Jahren für die Stärkung einer koordinierten und integrierten Gesundheitsversorgung ein. Die Zusammenarbeit von Leistungserbringenden in Netzwerken ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor. Allerdings führen ein doppeltes Zulassungsverfahren sowie eine allfällige Reduzierung des Selbstbehalts zu einem massiven administrativen Aufwand für die Krankenversicherer.

Netzwerke sollen von den Leistungserbringenden gegründet und vorangetrieben werden. So können sie und die Krankenversicherer Verträge aushandeln, die die Qualität sichern und fördern und gleichzeitig die Kostenkontrolle stärken. SWICA unterstützt daher den Entscheid des Nationalrats, auf die Einführung von Netzwerken als eigene Leistungserbringer zu verzichten.

Digitalisierung: Gesundheitswesen und Sozialversicherungssystem vor enormen Herausforderungen

Im Rahmen des Programms DigiSanté will der Bundesrat mehr Qualität, mehr Effizienz, mehr Transparenz und eine höhere Patientensicherheit im Gesundheitssystem erreichen. Dazu soll das Parlament einen Verpflichtungskredit von rund 392 Millionen Franken verabschieden.

Als Zweitrat hat nun auch der Ständerat das millionenschwere Förderprogramm bewilligt. Das Programm soll gemäss Bundesbeschluss von 2025 bis 2034 dauern und umfasst folgende Ziele:

  • Schaffung von Voraussetzungen für die digitale Transformation;
  • Aufbau und Zuverfügungstellen einer nationalen Infrastruktur;
  • Digitalisierung von Behördenleistungen; sowie
  • Sekundärnutzung von Daten für die Planung, Steuerung und Forschung.

 
Der Bundesrat will nicht nur das Gesundheitswesen digitalisieren (DigiSanté), sondernauch den elektronischen Datenaustausch in den Sozialversicherungen verbessern (BISS) und hat dazu eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt. Der Nationalrat befasste sich mit einer Motion, die eine einheitliche Rechtsgrundlage für das elektronische Verfahren in der Sozialversicherung (eATSG) fordert. Er entschied, die Motion zu ändern, um eine bessere Abstimmung der verschiedenen Digitalisierungsansätze zu erreichen. Die Arbeiten zu BISS und zum eATSG sind daher zu koordinieren.


SWICA beurteilt eine Beschleunigung der Digitalisierung grundsätzlich positiv, wobei sie ein koordiniertes und alle Akteure einbeziehendes Vorgehen fordert. Sie begrüsst daher den Entscheid des Nationalrats. Es braucht nicht nur eine digitale Vernetzung der Gesundheitsakteure, sondern es ist gleichzeitig sicherzustellen, dass sie und die Versicherungen Daten und Informationen elektronisch unter Wahrung der Datenschutzvorschriften austauschen können. Es geht um nichts weniger als um die Schaffung eines Ökosystems, in dem sich sämtliche Akteure der sozialen Sicherheit digital austauschen können.

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