Wintersession 2023
Rückblick nach Bern: Gesundheitspolitik im Bundeshaus

Die Wintersession von National- und Ständerat stand ganz im Zeichen des Wechsels von Bundesrätin Elisabeth-Baume Schneider ins Eidgenössische Departement des Innern (EDI) sowie der Annahme der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS). Ann-Karin Wicki, Leiterin Public Affairs bei SWICA, erklärt, welche gesundheitspolitischen Entscheide besonders wichtig waren.

Einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS)

Nach 14 Jahren verabschiedete das Parlament am 22. Dezember 2023 die Reform für eine einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen. Das führt bei der Finanzierung von Gesundheitsleistungen zu einem Paradigmenwechsel: Neu sollen alle ambulanten und stationären Leistungen zu knapp 30 Prozent durch die Kantone und zu rund 70 Prozent durch die Krankenversicherer finanziert werden. Damit werden verschiedene Fehlanreize und Verzerrungen beseitigt. In Bern erhofft man sich davon jährliche Einsparungen im hohen dreistelligen Millionenbereich.

Allerdings stimmten die Kantone dieser Neuerung nur unter zwei Bedingungen zu: Erstens müssen die Kosten für die Langzeitpflege miteinbezogen werden, und zweitens wollen die Kantone sämtliche Rechnungen für stationäre Behandlungen prüfen können. Die Auswirkungen auf die Prämienentwicklung sind so kaum abschätzbar. Die Gewerkschaften haben bereits beschlossen, das Referendum zu ergreifen. Deshalb ist davon auszugehen, dass sich das Stimmvolk 2024 zu EFAS äussern kann.


SWICA hatte die Einführung von EFAS immer befürwortet. Allerdings lehnte sie ein doppelte Rechnungskontrolle durch die Kantone ab, auch wenn es «nur» den stationären Bereich betrifft. Die Rechnungskontrolle ist die Kernkompetenz der Krankenversicherer und soll es auch bleiben. Die verabschiedete Vorlage führt zu doppelten Rechnungskontrollen und zu einer unnötigen Aufblähung der Bürokratie bei den Kantonen.

Auch die automatische Integration der Pflegefinanzierung beurteilte SWICA äusserst kritisch. Sie begrüsst daher, dass sich der Nationalrat durchsetzen konnte. Neu muss für die Integration der Pflegeleistungen zumindest eine einheitliche und transparente Kosten- und Datenbasis vorliegen, und die Tarife müssen die Kosten decken.

Digitalisierung: Elektronisches Patientendossier (EPD) und elektronisches Verfahren in der ersten Säule


Der Nationalrat will das EPD fördern und stellt dafür Bundesgelder bereit. Er stimmte dazu einer Vorlage des Bundesrats zur Übergangsfinanzierung zu: Am 14. Dezember hat er sich dafür ausgesprochen, der Verbreitung des EPD bereits vor der grossen Reform mit 30 Millionen Franken Schub zu verleihen. Allerdings geknüpft an die Voraussetzung, dass die Kantone nochmals denselben Betrag zur Verfügung stellen.

Das EPD soll zur Verbesserung der medizinischen Behandlung, zur Sicherheit der Patientinnen und Patienten und letztlich zu einer grösseren Effizienz im Gesundheitswesen beitragen.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat ein Projekt lanciert, mit dem die erste Säule (insbesondere AHV und IV) digitalisiert werden soll (siehe Dikos). Am 18. Dezember nahm der Ständerat gegen die Empfehlung des Bunderats eine Motion an, mit der die Ausgleichskassen eine umfassende und gesamtheitliche Rechtsgrundlage für das elektronische Verfahren schaffen wollen. Der Nationalrat wird sich in den kommenden Monaten mit dieser Motion befassen.

SWICA beurteilt eine Beschleunigung der Digitalisierung grundsätzlich positiv. Da in der Praxis schon viele Lösungen umgesetzt worden sind, empfiehlt sie, dass Behörden und private Akteure zusammenarbeiten, um tragfähige und finanzierbare Lösungen zu finden und Doppelspurigkeiten zu vermeiden.

Krankenversicherung: Lockerung des Vertragszwangs – Vorberatung im Ständerat

Als Folge der aktuellen Prämienentwicklung hatten verschiedene Parlamentarier Vorstösse mit dem Ziel eingereicht, die Kosten und/oder die Prämien zu senken. Einige dieser Vorstösse wurden nun im Ständerat behandelt. Die Grünen beispielsweise fordern einen Wechsel von den heutigen Kopfprämien auf einkommens- und vermögensabhängige Prämien. Der Bundesrat lehnt diese Forderung ab. Der Ständerat ist dem Antrag des Bundesrates gefolgt und hat eine entsprechende Motion deutlich abgelehnt.

Im Weiteren fordert die Mitte eine Lockerung des Vertragszwangs. Das bedeutet, dass die Krankenversicherer nicht mehr – wie heute vom Gesetz vorgeschrieben – mit allen Ärztinnen und Ärzten zusammenarbeiten müssten. Um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung auf dem heutigen Niveau sicherzustellen, sind folgende Rahmenbedingungen zu berücksichtigen: (1) Versorgungssicherheit ist gewährleistet, (2) Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit müssen erfüllt sein und (3) ein wettbewerbskonformes und korrektes Verhalten muss sichergestellt sein. Der Bundesrat hatte Ende November die Ablehnung des Vorstosses beantragt. Der Ständerat hingegen hat entschieden, die Motion zur Vorberatung an seine zuständige Kommission zu überweisen.

Mit Blick auf den Systemwechsel bei den Prämien ist das Abstimmungsresultat zur Prämienentlastungs-Initiative der SP im Juni 2024 abzuwarten. Wird die Initiative angenommen, kommt die Frage von einkommensabhängigen Prämien auf die politische Agenda. Spricht sich das Stimmvolk für den Gegenvorschlag aus, wird das System der Prämienverbilligungen angepasst. Aus Sicht von SWICA erscheint es im zweiten Fall sinnvoll, die Auswirkungen dieser Revision abzuwarten, bevor weitere Anpassungen beschlossen werden.

Die Lockerung des Vertragszwangs wurde in den letzten Jahren politisch immer wieder diskutiert, konnte sich aber bisher nicht durchsetzen. Die Krankenversicherer begrüssen diese Massnahme grundsätzlich. Auch SWICA steht der Prüfung des Anliegens offen gegenüber. Allerdings ist für sie zentral, dass ihre Kundinnen und Kunden im Krankheitsfall optimal betreut werden. Eine abschliessende Beurteilung des Vorstosses ist davon abhängig, ob die konkrete Ausgestaltung diese Bedingung erfüllt oder nicht.

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