slowUp: Interview mit dem Geschäftsführer
«Es entsteht dieses slowUp-Gefühl!»
Einen Tag lang mit dem Velo oder Inlineskates auf autofreien Strassen rumkurven und beste Stimmung entlang der Route geniessen – das ist slowUp. Die Erlebnistage locken jährlich eine halbe Million Teilnehmende an und machen den Event zu einem der grössten Breitensportanlässe der Schweiz. SWICA ist seit 2022 Hauptsponsor von slowUp und geht im Gespräch mit Geschäftsführer Christian Friker auf die Suche nach dem Erfolgsgeheimnis.
Die slowUp-Erlebnistage sind aus dem Kalender von Velofans nicht mehr wegzudenken. Wie kam es zur Idee für den Anlass?
Die Schweizer Landesausstellung Expo.02 war klar der Auslöser für die slowUp-Geschichte. Infrastruktur und Events für den Veloverkehr bildeten einen Teil der Expo und so begann die Organisation Veloland Schweiz (heute Schweiz Mobil) mit der Planung einer Grossveranstaltung im Zeichen der «Human Powered Mobility» in der Region Murtensee. Glücklicherweise konnten die Gemeinden um den Murtensee von der Idee überzeugt werden, die Hauptstrassen einen Tag lang für den motorisierten Verkehr zu sperren und exklusiv für Velos, Inlineskates etc. zu öffnen. Schon war die Idee des slowUp geboren. Auch wenn die Expo schlussendlich um ein Jahr verschoben wurde, war die Planung des Events schon so weit fortgeschritten, dass der erste slowUp als Vor-Event der Expo bereits am 3. September 2000 durchgeführt wurde.
Wie fiel die Resonanz auf den ersten slowUp aus?
Ich glaube, man kann es so sagen: An diesem Tag vor 23 Jahren wurde der Zeitgeist getroffen. Es haben 30'000 Teilnehmende mitgemacht und dies trotz unsicherer Wetterprognose. Das waren viel mehr als wir je erwartet hätten – die ersten Schätzungen lagen damals bei rund 5000 Teilnehmenden. Das Konzept von slowUp, dass man einen exklusiven Event einer nicht exklusiven Zielgruppe zugänglich macht, hat von Anfang an überzeugt. Kurz darauf kamen auch bereits die ersten Anfragen von anderen Regionen und damit die Idee, den Event auf mehrere Ausgaben auszuweiten. So folgte bald darauf der slowUp Bodensee und anschliessend der slowUp Sempachersee. Mittlerweile sind wir auf etwa 18 Events pro Jahr gewachsen.
Das bedeutet, 18 Events mit ähnlich vielen oder sogar mehr Teilnehmenden als bei der ersten Durchführung und das nur in den wärmeren Monaten. Was musste seither alles passieren, um die gesamte Organisation zu stemmen?
Der Anfang war ehrlich gesagt eher harzig. Wir hatten noch wenig Erfahrung und mussten extrem viel lernen. Um das Projekt so richtig zum Laufen zu bringen, haben diverse Partnerschaften viel geholfen, namentlich bei der Finanzierung. Schnell wurden auch die Partneranimationen ein beliebter Bestandteil des Programms. Für nationale wie auch regionale Partner ist es attraktiv, an einem gut besuchten slowUp präsent zu sein und mit den Teilnehmenden, die oft auch aus der Region sind, ins Gespräch zu kommen. Es ist also eine Win-win-Situation. Mit jedem durchgeführten slowUp konnten wir weitere Erkenntnisse sammeln, diese in die Organisation der nächsten Events mitnehmen und den Austausch unter den Veranstaltern fördern.
slowUp bietet auch eine Abwechslung im stressigen Alltag. Christian Friker, Geschäftsführer von slowUp
Seit 23 Jahren steigt die Zahl der Teilnehmenden an. Was macht slowUp zu einem der beliebtesten Breitensport-Events in der Schweiz?
Einerseits ist slowUp ein einzigartiges Erlebnis mit einem sehr niederschwelligen Konzept. Das bedeutet, dass alle die möchten, spontan und ohne Anmeldung mitfahren und selber entscheiden können, wann oder wo sie beginnen. Die einzige Vorgabe ist die Fahrtrichtung, ansonsten kann man den Tag individuell gestalten. Ausserdem entsteht eine unbeschreibliche Stimmung entlang der Strecke. Alle fahren in die gleiche Richtung und ziehen am gleichen Strang. Es entsteht dieses slowUp-Gefühl der Verbundenheit und das alles mit einem gemeinsamen Ziel – der Entschleunigung.
Natürlich spielt uns auch der anhaltende Velotrend in die Karten. Aber es nehmen auch viele Menschen an slowUp teil, die sonst nicht Velo fahren. Das freut uns natürlich besonders. Und slowUp bietet auch eine Abwechslung im stressigen Alltag: Man kann abschalten, mit Menschen ins Gespräch kommen und dabei an der frischen Luft auch noch etwas Gutes für die eigene Gesundheit tun. Ich glaube, es sind diese Faktoren, die zusammenspielen und slowUp zu dem machen, was es ist.
Eine Route von über 30 Kilometern für den motorisierten Verkehr zu sperren, klingt wahnsinnig aufwendig. Was ist die grösste Herausforderung bei der Planung eines slowUp?
Je nach Grösse des Anlasses sind wir auf sehr viele Helferinnen und Helfer angewiesen. Bei einem grossen slowUp werden mehrere Hundert Personen benötigt, die mithelfen und beispielsweise den Verkehr regeln oder die Infrastruktur auf- und abbauen. Um überhaupt so viele Menschen begeistern zu können, ist es wichtig, dass der Funke für den Event in der Region überspringt. Zum Glück erleben wir einen breiten Rückhalt der Bevölkerung. Auch die steigenden Sicherheitsanforderungen und die damit verbundenen Mehrkosten sind nicht ganz einfach zu bewältigen. Und weil die Events stark wetterabhängig sind, macht uns auch der Klimawandel zu schaffen: Extremwetter wie frühe Hitzewellen oder Schneefälle im Mai können die Organisation eines slowUp ganz schön durcheinanderbringen.
Wie sehen die Zukunftspläne aus für slowUp?
Am Anfang der slowUp-Geschichte glaubten wir, dass sich mehr als fünf verschiedene slowUp untereinander die Teilnehmenden wegnehmen würden. Jahr für Jahr merkten wir aber, dass dies nicht der Fall ist – im Gegenteil. Die Leute sind einfach gerne dabei, nehmen immer wieder teil und reisen teils weite Strecken an, um dabei sein zu können. So konnten wir kontinuierlich neue Events in neuen Regionen durchführen. Natürlich kann das nicht immer so weitergehen, es gibt schliesslich nur eine begrenzte Anzahl an Sonntagen im Jahr, die sich für eine Austragung eignen. Wir haben deshalb über ergänzende Angebote wie Abend-slowUp, Mini-slowUp oder City-slowUp nachgedacht. Diese Ideen wurden aber wieder verworfen, weil es uns am Herzen liegt, dass slowUp ein klares Profil hat, mit hoher Qualität und überregionaler Ausstrahlung. Die Teilnehmenden sollen wissen, was sie an einem slowUp erwartet. Wir setzen den Fokus deshalb weiterhin auf die bestehenden und bewährten Events. Diese Konstanz ist ebenfalls ein Teil unseres Erfolgsrezepts.
Weitere Informationen
Der nächste slowUp findet am Sonntag, 25. Juni 2023, im Jura statt. Die 36 Kilometer lange Strecke führt durch Dörfer rund um Delémont und bietet eine herrliche Aussicht auf das Delsberger Becken. Alle Informationen zum slowUp gibt es hier.