Gesundheitspolitik in Bern
Sommersession: Schub für die integrierte Versorgung?
Vom 27. Mai bis 14. Juni 2024 findet in Bern die Sommersession der Eidgenössischen Räte statt. Gesundheitspolitisch stehen vor allem die Netzwerke zur koordinierten Versorgung, Digitalisierungsbestrebungen im Gesundheitswesen und der Umgang mit Arzneimitteln im Fokus. Ann-Karin Wicki, Leiterin Public Affairs bei SWICA, wagt einen Ausblick.
Kostendämpfende Wirkung der integrierten Versorgung
In der Herbstsession 2023 befasste sich der Nationalrat mit dem zweiten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung. Kurz nachdem der Bundesrat eine weitere massive Prämienerhöhung per 2024 verkündet hatte, entschied der Nationalrat, die vom Bundesrat vorgeschlagenen Netzwerke zur koordinierten Versorgung ersatzlos aus der Vorlage zu streichen. Die medizinische Versorgung soll zwar besser koordiniert werden, dafür brauche es aber keine neuen Leistungserbringer.
SWICA setzt sich seit vielen Jahren für die Stärkung einer koordinierten und integrierten Gesundheitsversorgung ein. Die Zusammenarbeit von Leistungserbringern in Netzwerken ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor. Allerdings ist die Einführung von Netzwerken als eigene Leistungserbringer nicht notwendig und der falsche Weg. Es zeichnet sich nicht nur ein massiver administrativer Mehraufwand ab, sondern die neuen Netzwerke würden – wie alle anderen Leistungserbringer auch – dem Vertragszwang unterstehen. Krankenversicherer müssten die Leistungen bezahlen, ohne Einfluss auf die Kostenentwicklung nehmen zu können.
Netzwerke sollen von den Leistungserbringern gegründet und vorangetrieben werden. So können sie und die Krankenversicherer Verträge aushandeln, die die Qualität sichern und fördern, sowie gleichzeitig die Kostenkontrolle stärken. SWICA unterstützt daher den Entscheid des Nationalrats, auf die Einführung von Netzwerken zur koordinierten Versorgung als eigene Leistungserbringer zu verzichten.
Digitalisierung: Gesundheitswesen und Sozialversicherungssystem vor enormen Herausforderungen
Der Bundesrat will nicht nur das Gesundheitswesen digitalisieren (DigiSanté), sondern auch den elektronischen Datenaustausch in den Sozialversicherungen verbessern (BISS). Dazu hat er eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt. Der Nationalrat wird sich mit einer Motion befassen, die eine einheitliche Rechtsgrundlage für das elektronische Verfahren in der Sozialversicherung (eATSG) fordert.
Im Rahmen des Programms DigiSanté will der Bundesrat mehr Qualität, mehr Effizienz, mehr Transparenz und eine höhere Patientensicherheit im Gesundheitssystem erreichen. Dazu soll das Parlament einen Verpflichtungskredit von rund 392 Millionen Franken verabschieden.
Die nationalrätliche Kommission (SGK-N) empfiehlt ihrem Rat, die Motion anzupassen und eine umfassende und kohärente Rechtsgrundlage zu schaffen, die die Interessen aller Sozialversicherungen berücksichtigt, die Interoperabilität der Systeme gewährleistet und bereits bestehende digitale Verfahren einbezieht.
SWICA beurteilt eine Beschleunigung der Digitalisierung grundsätzlich positiv, wobei sie ein koordiniertes und alle Akteure einbeziehendes Vorgehen fordert. Allerdings zeichnet sich ab, dass verschiedene Ansätze parallel vorangetrieben werden. Im Bereich der Gesundheitsversorgung und damit der Krankenversicherung ist das DigiSanté, während die Krankentaggeld- und die Unfallversicherung von BISS und eATSG direkt betroffen sind.
Es braucht nicht nur eine digitale Vernetzung der Gesundheitsakteure, sondern es ist gleichzeitig sicherzustellen, dass diese mit den Versicherungen Daten und Informationen elektronisch, unter Wahrung der Datenschutzvorschriften, austauschen können. Es geht um nichts weniger als um die Schaffung eines digitalen Ökosystems, in das sämtliche Akteure der sozialen Sicherheit eingebunden sind.
Eine Revision jagt die nächste
Im September 2023 entschied der Bundesrat mit Blick auf die Medikamente, eine Revision der Krankenversicherungsverordnung (KVV) sowie der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) per 1. Januar 2024 in Kraft zu setzen. Diese Revision erlaubt einen rascheren Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln und verbessert die Gleichbehandlung von Patientinnen und Patienten. Ebenso soll sie die Verwendung von Generika und Biosimilars fördern.
In der Sommersession stehen nun bereits wieder verschiedene Vorstösse zu den Arzneimitteln und den Arzneimittelpreisen zur Diskussion.