Schweizer Arbeitnehmende fühlen sich zunehmend erschöpft
Stress im Job, zu wenig Erholung und konstante Reizüberflutung: Immer mehr arbeitstätige Menschen fühlen sich emotional erschöpft. Über einen längeren Zeitraum hinweg kann dies schwerwiegende Folgen wie einen Burn-out oder Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems haben. Um die mentale und körperliche Gesundheit zu schützen und kostspielige Arbeitsausfälle zu verhindern, muss dringend frühzeitig auf Anzeichen einer Erschöpfung reagiert werden.
Knapp ein Drittel der erwerbstätigen Personen in der Schweiz fühlt sich erschöpft. Und damit ist nicht ein kurzzeitiges Gefühl von Müdigkeit oder Energielosigkeit gemeint, sondern eine emotionale Erschöpfung als andauernder Zustand. Das zeigen Zahlen des Job-Stress-Index, eine Umfrage der Gesundheitsförderung Schweiz in Zusammenarbeit mit der Universität Bern und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften.
Seit zehn Jahren erfasst die Studie, wie sich der Berufsalltag auf die mentale Gesundheit auswirkt. Eine der untersuchten Kennzahlen ist die emotionale Erschöpfung. Vergleicht man die Ergebnisse miteinander, sticht etwas direkt ins Auge: Die rote Erschöpfungslinie wandert seit 2015 stetig nach oben.
Ungleichgewicht der Ressourcen und Belastungen
Aber was ist emotionale Erschöpfung überhaupt? Vereinfacht gesagt, handelt es sich um ein andauerndes Ungleichgewicht von Ressourcen und Belastungen im Job. Unter Ressourcen versteht man positive, kraftgebende Aspekte im Arbeitsalltag: Wer zum Beispiel Wertschätzung für die geleistete Arbeit erhält oder in Belastungssituationen nach Unterstützung fragen kann, baut durch diese Erlebnisse Ressourcen auf. Belastungen hingegen – Termindruck, Stress oder eine konstant hohe Arbeitslast – zehren an den Kräften. Können die Belastungen über einen längeren Zeitraum hinweg nicht mit den verfügbaren Ressourcen ausgeglichen werden, kann sich früher oder später eine emotionale Erschöpfung entwickeln.
Gründe für das Ungleichgewicht im Job gibt es viele. Einer davon ist das Arbeitstempo: 59 Prozent der Teilnehmenden einer Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO empfinden das Arbeitstempo in der Schweiz als hoch oder sogar sehr hoch. Das ist deutlich mehr als im europäischen Ausland.
Hand in Hand mit dem Arbeitstempo geht der Termindruck, der ebenfalls von über der Hälfte der Befragten oft oder sogar immer wahrgenommen und als belastend empfunden wird. Das hat zur Folge, dass mehr als ein Drittel der Befragten die geforderte Arbeit nicht in der Arbeitszeit erledigen kann und am Abend oder an den Wochenenden weiterarbeitet. Das geht auf Kosten der Freizeit, die eigentlich für Erholung, also der Aufladung der Ressourcen, zur Verfügung stehen sollte.
Schwierigkeiten, nach der Arbeit abzuschalten
Stichwort Erholung: Wie man seine Freizeit gestaltet, ist ein entscheidender Faktor zur Vorbeugung einer emotionalen Erschöpfung. Denn Freizeit ist die wichtigste Quelle, um seine Batterien wieder aufzuladen. Das wird jedoch schwierig, wenn die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend verschwimmt. Berufliche E-Mails auf dem privaten Handy checken, eine letzte Aufgabe noch zu Hause fertig machen oder den Laptop in die Ferien mitnehmen, um erreichbar zu bleiben: Solche Verhaltensweisen erschweren das Abschaltenn
Besonders Personen, die viel im Homeoffice arbeiten und keine räumliche Trennung zwischen Arbeit und Privatleben haben, können oft keine gesunde Balance zwischen dem Job und Freizeit halten. Das hat wiederum Einfluss auf die Schlafqualität: Wenn die Gedanken beim Einschlafen um die Arbeit kreisen, dauert das Einschlafen länger, man schläft also weniger lang und auch weniger tief. Dabei wäre gerade guter Schlaf enorm wichtig, um Stress zu verarbeiten und mental gesund zu bleiben.
Es zeigt sich ein grosses Problem beim Thema Erschöpfung: Es tragen unzählige Faktoren zu ihr bei. Auch wenn ihr Ursprung meistens im Beruf liegt, begrenzen sich die Belastungen nicht nur auf die Arbeit. Zu den bereits genannten Faktoren Freizeitgestaltung und Schlafqualität kommen auch noch Sorgen zum aktuellen Weltgeschehen mit Kriegen in Europa, der Klimakrise oder den teuren Lebenskosten hinzu. Sie alle spielen eine entscheidende Rolle, ob und wie gut man sich erholen kann und wie hoch die eigene Stresstoleranz ist.
Frühzeitig dagegen ansteuern
Angesichts der Tatsache, dass so viele Faktoren eine emotionale Erschöpfung begünstigen können, ist es umso wichtiger, frühzeitig zu handeln. Denn nur wenn man rechtzeitig gegensteuert, können weitreichende Konsequenzen wie ein Burnout oder stressbedingte Krankheiten des Kreislaufs wie Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen verhindert werden.
Was hilft bei ersten Anzeichen einer Erschöpfung?
- Sich jemandem anvertrauen: Ob man sich bei der Hausärztin, einem Psychologen oder seinen Freunden anvertraut, oft geht es schon direkt besser, wenn man seine Probleme ausgesprochen hat. Und ehrlich darüber zu reden ist der erste Schritt zur Besserung: Freunde können einem im Alltag unterstützen und gewisse Aufgaben abnehmen und zusammen mit professionellen Hilfsangeboten können konkrete Strategien ausgearbeitet werden.
- Erholungsphasen einbauen und darauf bestehen. Man sollte so gut wie möglich versuchen, Arbeit und Freizeit strikter zu trennen und sich nach Feierabend ausgleichenden Tätigkeiten widmen: Hobbys oder Zeit mit der Familie und Freunden. Auch seinen Schlaf sollte man stärker priorisieren. Sieben bis acht Stunden sollten es sicher sein. Schläft man weniger lang, leidet die Konzentration und somit die Leistungsfähigkeit am nächsten Tag. Zudem ist man schneller gereizt, was wiederum das Potential für Konflikte im Berufs- und Privatleben erhöht.
- Rituale: Ein strukturierter Tagesablauf hilft, neben der Arbeit genügend Zeit für Pausen und Erholung einzuplanen. Den Arbeitstag mit einem Ritual bewusst abzuschliessen, hilft zudem, Arbeit und Freizeit zu trennen.
- Bewegung: Ob Joggen, Yoga oder Boxen – beim Sport kann man abschalten. Durch die Anstrengung werden Endorphine ausgeschüttet, die Durchblutung gefördert und neue Energie getankt.
Diese Signale können Vorboten eines Burnouts sein
Natürlich hat jeder Mensch eine andere Stresstoleranz und reagiert dementsprechend individuell in einer anstrengenden Phase. Deshalb sollte man einen besonderen Fokus auf Verhaltensweisen setzen, die man von sich selbst nicht gewohnt ist. Auch Rückmeldungen von Verwandten oder Freunden können helfen zu erkennen, ob und in welcher Hinsicht man sich verändert hat.
- Die Arbeit nimmt auch nach Feierabend einen grossen Platz ein und Familie, Freunde oder andere soziale Kontakte werden zunehmend vernachlässigt. Auch persönliche Werte und Bedürfnisse stehen hinten an.
- Die Produktivität leidet und Gefühle wie Überforderung, Nervosität oder Gereiztheit werden oft erlebt. Auch Vergesslichkeit und Unkonzentriertheit sind mögliche Anzeichen, dass der Körper eine Pause braucht.
- Die Schlafqualität leidet und generell fühlt man sich weniger leistungsfähig und öfters krank.
Mehr Anzeichen eines Burn-outs kennt das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO.
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