Deshalb macht Spenden glücklich
Gemeinsame Zeit schenken, eine Spende für ein gemeinnütziges Projekt oder ehrenamtliche Arbeit – anderen Menschen etwas Gutes tun, macht glücklich. Warum das so ist, erklärt Alice Baldinger, Psychologin bei santé24, im Interview.
Geld allein macht nicht glücklich – heisst es im Volksmund. Aber wie sieht es aus, wenn wir unser Geld teilen? Gemeinnützige Engagements und Spenden machen nicht nur die Beschenkten glücklich, sondern auch die Spenderinnen und Spender selbst. Das wurde bereits in verschiedenen Studien nachgewiesen. Die Motivation zum Geben wächst, vor allem auch weil der eigene Körper signalisiert, dass uneigennützige Taten zum Wohle andere oder der Gemeinschaft gut tun.
Das «Helper’s High»
Die Hirnforschung bestätigt, dass bei Spenderinnen und Spendern – egal ob Zeit, Geld oder Arbeitskraft – gleich mehrere Glückshormone ausgeschüttet werden. Das ist vergleichbar mit einem leichten Rauschzustand, zudem sinkt der Stresslevel. Die Endorphine versetzen uns in einen Zustand des intensiven Wohlbefindens und der Euphorie. Die Vorfreude auf die gute Tat setzt Dopamin frei, Anerkennung und Wertschätzung anderer Menschen sorgt für Serotonin und das Zusammengehörigkeitsgefühl schüttet das Bindungshormon Oxytocin aus.
Ein echter Hormon-Cocktail oder eben das «Helper’s High». Auch der Stresslevel sinkt, wenn wir Gutes tun. Ob unmittelbare, direkte Hilfe oder nur die Freude und das Wissen darüber, die Welt mit seiner eigenen guten Tat ein kleines bisschen besser gemacht zu haben: Die Wirkung ist durchwegs positiv.
Warum Spenden glücklich macht – das sagt Alice Baldinger, Psychologin bei santé24
Alice, beim Spenden werden verschiedene Wohlfühl-Hormone ausgeschüttet. Ist das Glücksgefühl beim Spenden von der Höhe des gespendeten Geldbetrags abhängig?
Es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass eine höhere Spende mit einem höheren Wohlbefinden im Zusammenhang steht. Im «Frontiers in Sociology» wurde so eine veröffentlicht, die diese These stützt. Andere Studien zeigen allerdings auch, dass kleinere Spenden häufig genauso ein positives Gefühl auslösen wie grössere.
Der Effekt von Spenden auf das Wohlbefinden ist mehr durch die Handlung selbst und die Motivation, Gutes zu tun, geprägt – weniger durch den Betrag. Wichtig hingegen ist, dass die Spende freiwillig erfolgt. Es geht also meist weniger um den finanziellen Wert, sondern um das Gefühl, jemanden oder etwas zu unterstützen und um die positive Wirkung.
Bei grösseren Spenden kann allerdings auch ein Gefühl von Stolz oder grösserer Zufriedenheit aufkommen, vor allem wenn die Spende als besonders wirksam oder wichtig empfunden wird.
Was hat deiner Meinung nach den grössten Einfluss auf das eigene Wohlbefinden: Die Vorfreude auf die gute Tat, die gute Tat selbst oder die Anerkennung, die damit einhergeht?
Alle drei Aspekte können von Bedeutung sein. Die gute Tat selbst hat oft den grössten Einfluss, weil sie direkt mit der positiven Emotion des Gebens und der Unterstützung anderer verbunden ist. Ist das Bedürfnis einer Person nach sozialer Anerkennung sehr hoch, kann es aber auch die Anerkennung sein, die im Vordergrund steht. Individuelle Unterschiede spielen hier also eine wichtige Rolle.
Sind Menschen nach dem Spenden nachhaltig glücklich oder schwindet das Gefühl schnell wieder, wie man es sich bei einem «High» in der Regel vorstellen würde?
Das Glücksgefühl nach einer Spende kann unterschiedlich lange anhalten – dies in Abhängigkeit von der Art der Spende sowie der Person. Zu einem nachhaltigeren positiven Gefühl trägt die intrinsische Motivation mit einem Gefühl der Empathie oder des Mitgefühl bei. Genau so wichtig ist die Identifikation mit der Sache und die Verbundenheit mit der Empfängergruppe.
Ebenfalls einen Einfluss hat die Häufigkeit der Spende. Es gibt Hinweise darauf, dass regelmässiges Spenden mit einem nachhaltigeren Effekt auf das Wohlbefinden in Zusammenhang steht. Womöglich durch den Aufbau einer Identität als «hilfsbereite Person», was wiederum positive Effekte auf das Selbstwertgefühl und das Wohlbefinden haben kann.
Hinzu kommt das Gefühl, mit der Spende etwas zu bewirken. Das ist möglicherweise sogar der wichtigste Punkt: Eine Spende, die man als hilfreich empfindet – also das Gefühl, dass die Spende eine konkrete Wirkung hat und die Welt ein kleines bisschen besser macht – hat einen positiveren, nachhaltigeren Einfluss auf das Wohlbefinden als eine Spende, bei der man nicht genau weiss, wohin sie fliesst beziehungsweise was damit genau bewirkt wird.